VITRUVnetworks: Die Projekte: Tod, Trauer, Friedhof - Leben
 

Buchcover Mainzer Oberwelten

"Wir haben uns mit dem Tod befasst und das Leben entdeckt!" Dies war eine fast einstimmige Antwort von etwa 500 Bürgern jeden Alters von 7-97 Jahren aus allen Teilen Deutschlands, die seit 2003 etwa vier Jahre sich als "Botschafter einer neuen Erinnerungskultur" intensiv mit dem Aureusprojekt befasst haben.

Projektziel: Dem Friedhof seinen Sinn und damit seinen Wert zurückgeben - Beitrag zu einer neuen Erinnerungskultur

Vorgehen: Sensibilisierung für ein Randthema der Gesellschaft, Fotowettbewerb, Ausstellungen, Buch "Ort der Stille" mit bundesweiter Resonanz und bisher zwei Auflagen

Ergebnis: Aufwertung des Friedhofes; Aufnahme in die Liste der bedeutenden Friedhöfe Europas; Aureustor geöffnet; Sternengarten für das tote ungeborene Leben; keine Schließung zu 2006/2012, weitere Belegungen, insbesondere für Familien, aber auch alle Bürger, Tag des Friedhofs seit 2004; Gründung eines Vereines "Nekropolis Moguntia"; Aureusnacht seit 2005. Der Friedhof ist in der Bevölkerung, aber auch in der Gesellschaft wieder angenommen als ein würdevoll "heiliger Ort" – und dies nicht nur lokal, sondern auch national, sogar in Europa.
Papst Benedikt XVI dankt 2007 allen Beteiligten für Ihr großes und erfolgreiches Engagement, Friedhöfen als Ort ihren Sinn zurück gegeben zu haben.

Finanzierung: Aus privaten Mitteln wurden bisher etwa 300.000 € sowie zusätzlich etwa 150.000 Stunden ehrenamtlichen Engagements in dieses Projekt und seine Aktivitäten eingebracht.

Der erste Schritt: Mein Vater war gestorben, ich war mit Friedhof konfrontiert.", so fing es an. Und schon stolperte ich über Begrifflichkeiten des Friedhofes, die ich nicht akzeptieren wollte: "Zuordnung zu Entsorgungsbetrieben", "Schließung des Friedhofs", aber auch "Sondermüll" für das tote ungeborene Leben unter 500 Gramm...
Andererseits trösteten mich einige Hundert Grableuchten, die nachts wie ein geheimnisvoller Code vom Leben und den Gefühlen der Menschen erzählten und zeigten, dass der Ort Friedhof entdeckt werden will. 
Wenn wir nur die zum Mitmachen erreichen, die abends ihr Licht auf einem Grab entzündeten – wir sprachen sie an und lobten schließlich noch 2003 einen Fotowettbewerb aus. Fast gleichzeitig war erste Redaktionskonferenz für das Buch "Ort der Stille". Während das letzte Buch über den Friedhof vor 100 Jahren durch einstimmigen Stadtratsbeschluss von der Stadt ausgeführt, finanziert und mit etwa 120 Seiten im Kleinformat gedruckt wurde, waren wir 2003 ganz auf uns gestellt, trugen diese Bürde und Aufgabe einer Stadt ganz alleine. Das Buch wurde mit seinen 2 kg zu einem Mainzer Bestseller, der bereits nach 6 Monaten in die 2. Auflage ging. Das Aureusprojekt mit seiner jährlichen Aureusnacht wurde bereits in vielen Städten Deutschlands vorgestellt, erfreut sich großer Sympathie und steht bundesweit für einen Beitrag als "Botschafter einer neuen Erinnerungskultur". Aufgrund dieser Aktivitäten wurde das Thema "Menschenwürde" neu diskutiert: Unbegrenzt von Geburt und Tod. 

Tod bietet uns Sichten, die uns die Einsicht schenken, das Leben in jedem Augenblick in seiner Tiefe und Fülle zu leben, zu erkennen was wichtig und unwichtig ist im Leben, ein gesellschaftliches Miteinander über kulturelle und religiöse Grenzen hinaus zu gestalten:

  1. Auf den Punkt des Todes gerichtet, wird unser Blick eng und ängstlicher, wenn wir ihm näher kommen.
  2. Vom Punkt des Todes in das Leben geschaut, blicken wir in die Weite und Fülle des Lebens, werden von dieser Fülle schließlich in eine "Ewigkeit", einen Bereich nach dem Tod hineingespült.
  3. Der Punkt des Todes ist allen Menschen gleich – von hier haben alle einen gleichen Blick in das Leben, eine gleiche Basis für das Leben. Eine Voraussetzung im gesellschaftlichen Miteinander unterschiedlicher Kulturen und Religionen.
  4. Der Tod selbst ist das Intimste eines Menschen. Vieles kann der Mensch teilen und mitteilen, nicht aber seinen Tod. Es ist sein ganz persönlicher Tod.

Trauer ist eine Reaktion auf den Verlust durch Tod. Es ist das nach innen gerichtete Etwas fest in den Blick nehmen und ist im Buch "Ort der Stille" vertiefend behandelt

Friedhof ist der Ort, dem wir diesen Tod, dieses Intimste eines Menschen übergeben. Dieser Ort wird damit zu einem sehr intimen Ort, zu einem heiligen Ort. Über eine Sinngebung bieten wir ihm Wertschätzung, schaffen und schöpfen daraus einen wertvollen Ort. Im Buch "Ort der Stille" ist dies vertiefend und grundlegend behandelt.
 

Weiterführende Informationen

Leseprobe

ewig 4 (2007)
(pdf, 0,9 MB)